Befindet man sich in der Innenstadt von Lörrach ist die Stadtkirche kaum wahrnehmbar. Allerdings wurde die ev. Stadtkirche der Schauplatz
eines vorösterlichen Gospelkonzertes, das der Gospelchor St. Josef aus Rheinfelden gegeben hatte. Die Stadtkirche selbst hat schon ein stattliches Alter. Der Turm ist der älteste Teil der evangelischen Stadtkirche Lörrachs und stammt aus dem Jahr 1517. Da damals Lörrach noch ein Dorf war, reichte es aus, dass der Turm lediglich ein Glocken- und Wachturm war. Da man Fundamente entdeckt hat nimmt man an, dass er auf einem noch älteren Turm steht. Die Kanzel in der Kirche wurde im Jahr 1736 hinter dem Altar an der Wand angebracht. Sie bildet heute mit Alter und Orgel eine senkrechte Linie. Die heutige Kirche wurde 1817 im Stile von Weinbrenner, der auch die Stadt Karlsruhe entworfen hat, erbaut.
Da Gospel immer auch etwas mit Glauben zu tun hat, sollte es eigentlich dazu gehören, dass der Chor zu Beginn seines Konzertes in die Kirche einzieht. So sah man dies auch beim Gospelchor St. Josef aus Rheinfelden und man wählte sich aus diesem Grund eine Ballade aus, damit alle Sänger gemütlichen Schrittes Richtung Bühne gehen konnten und dabei singen. Als Titel hatte man sich den Titel „I love the lord“ ausgesucht, der von verschiedensten Sängern und Chören, z. B. dem Georgia Mass Choir gesungen wurde. Hier eine Version von Whitney Houston.
Und es war natürlich ein Genuß all die Sängerinnen und Sänger des Gospelchors zu erleben wie sie singend und langsam nach vorne kamen und ihre Positionen vor dem Altar einnahmen. Aber natürlich sollte es nicht so langsam bleiben, schon der nachfolgende Titel bewies es. Der Titel war in einem mittleren Tempo gehalten, so dass die Sängerinnen und Sänger ohne hetzen zu müssen sich nach einander aufstellen konnten.
Auch die Lichttechnik war eindrucksvoll. Beim Einmarsch war der Kirchenhintergrund eher rötlich gefärbt. Auch hatte die Choreografie beim Singen der Titel hatte sich wieder ein gewaltiges Stück verbessert wobei sie verschiedentlich doch eher noch fastnachtsähnliche Züge hatte. Mag vielleicht daran gelegen haben, dass sich jeder auf Melodie, Text und Bewegung gleichzeitig konzentrieren musste und kein Vortänzer da war. Positiver Nebeneffekt des Abend war noch ein alt bekanntes Gesicht von meiner Zeit im Breisgau, eine ehemalige 2. Vorständin dieses Chores.
Hier haben eigentlich nur noch die einleitenden Worte von Komponist Joakim Arenius gefehlt „We don’t pray like this – and we don’t pray like this, we pray like this“. Richtig Dampf machte hier der Chor. Und bei dem Call & Responsepart, der abwechselnd gesprochen und gesungen wurde, schaute man sich zumindest ein bisschen an, was halt das in der Reihe stehen ermöglichte.
Let us go into the house of the lords
Wie wird sich da wohl Martin Huber als Leadsänger bei diesem Titel gefühlt haben. Er ruft einfach mal „Joy“ in den großen Kirchenraum und gleich kommt ein stimmgewaltiges Echo vom Chor zurück. Und dass dies auch noch bei „Peace“ klappt, da wird er sicherlich von den Socken gewesen sein. Aber genau dieser Call & Response-Part brachte den gewissen Biss in den Song rein und das spürte man auch beim Puplikum.
Bei „Jesus, be a fence“ merkte man gleich – da kommt Freude auf im Chor. Mit jeder Menge Energie wurde im Offbeat geklatscht und auch die Lautstärke der Sänger erhöhte sich. Nach meinem Gefühl ist es eine Version, die mal von den Caravans gesungen wurde. Sie ist nicht sehr lang und der Mittelteil hat eine gewisse Abwechslung zu dem Refrainteil gebracht. Und damit die Power, die in dem Titel auch richtig rüberkommt war Chorleiter Karl Gehweiler überzeugt, hier brauch es gleich 2 Solistinnen. So bekam Julia Parlettka gleich noch eine junge, dynamische Dame aus dem Sopran zur Seite.
daneben gibt es auch noch eine Version vom Fred Hammond, die an der Dreisam gesungen wird
Dies hatte der Chor richtig gut Acapella gesungen. Man hatte beim Puplikum direkt merken können wie konzentriert hier dem Gesang zugehört wurde.
Nobody knows the trouble I’ve seen
Auch dieser Titel wurde acapella gesungen. Allerdings nicht in einer Version wie man sie kennt sondern versetzt in mehreren Stimmen. Auch hier hatte das Puplikum gespannt zugehört wie sich der Song entwickelte.
Auch dieser Titel wurde acapella gesungen, allerdings in meinen Augen nicht so sehr getragen sondern etwas schwungvoller.
Und hier war es klar, das war der Song, der für Martin Huber auf dem Leib geschrieben war. Immerhin hatte er ihn selbst mal für eine CD arrangiert gehabt. Bei dieser Version wird sich an ein Original der internationalen Formation „Up with people“ angelehnt. Es war eine gekonnte Kombination aus Sologesang, Husummerinnenpart (Backings) und Mitsingen. Auch hier merkte man klar, der Funke war übergesprungen. Offensichtlich war die Botschaft, wir der St. Josefschor werden für Euch da sein.
Fascinating Rhythm
„…Stop picking on me“ – und genau das hatte sicherlich bei vielen nicht geklappt als der Chor den Titel „Fascinating Rhythm“ von Gershwin gesungen hatten. Klar, dass sie nach dem Titel noch an ihrem Platz waren. Und trotzdem hat die Phrase erreicht was sie wollte.
Wenn man sich hier die Mühe macht und sich mal in die Köpfe der Sänger reinversetzt, vielleicht ist es schnell nachvollziehbar, dass im gesamten Chor gesungen würde und sich nicht noch die Mühe gemacht hatte, einzelne Sängerinnen und Sänger an bestimmten Stellen innerhalb dieses Jazztitels zu improvisieren. Im Video ist es natürlich verständlich, dass die Solistin hier und da von ihrem Kurs abweicht und freier wird. Den Titel hatte man kurzfristig weggelassen. Vermutlich aus Rücksicht auf den Pianisten, da der Rhythmus schon gewisse Ansprüche stellt. Aber ich gehe davon aus, er ist nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Thulaziswe
Zulu war angesagt. Ein Titel der beim Gospelchor St. Josef mit Herkunft unbekannt bezeichnet wird. Kann sein, dass Bob Dylon ihn von irgendwoher aufgenommen hatte und ihn eher countrymäßig mal gespielt hatte. Die jetzige Version bekam der Titel durch Miriam Makeba, die auch den Titel „Pata patta“ gesungen hatte. Der Chor interpretierte den Song wunderschön. Teilweise war die Aussprache gefühlsmäßig dann längenmäßig limitiert worden. Vielleicht aus der Angst, es hätte vielleicht etwas lätschig klingen können, was man unbedingt vermeiden wollte. Der Schnalzlaut beim „no“ scheint wohl eine Spezialität von der Dreisam zu sein. So wurde das entsprechende Wort so gesungen als ob man auf English etwas verneinen wollte. Und als dann der englische Zwischenteil kam merkte man, das Puplikum dachte mit „any way now, any day now I shall be released“ – „Klar ich fühle mich jetzt schon irgendwie befreit“.
Wer sich vielleicht mit der Version von Tore W. Aas auseinandergesetzt hat, der hatte festgestellt, dass das was der Chor gesungen hatte doch ein ganzes Stück von dem recht schmissigen Aas-Titel abgewichen war. Inhaltlich hatte er sich nicht sonderlich unterschieden. Mal abzuweichen von typischen Melodien macht meiner Meinung nach die Sache aber auch interessanter. Das Arrangement, das der Chor gesungen hatte war etwas ruhiger gewesen, aber trotz alledem sehr harmonisch.
Es war absolutes gesangliches Fingerspitzengefühl wie hier Esther in ihrem Solo die Töne rausgekitzelt hatte. Aber das brauchte es bei dem sehr ruhigen Titel auch. Beim Konzert hatte ich allerdings den Eindruck gehabt, dass Esther ihr Solo etwas druckvoller als bei einem Gottesdienst in der Gemeindekirche in Rheinfelden gesungen hatte. An entsprechenden Stellen bekam sehr gekonnt Unterstützung vom Chor, teilweise ach nur durch einen Husummerinnenpart oder es wurden ihre Worte übernommen.
Man merkt gleich, dass bei diesem Titel Michael W. Smith seine Finger im Spiel hatte. Er ist bekannt für sehr balladenhafte Titel. Immerhin gibt es von ihm Versionen von „Open the eyes of my heart“ und „Draw me close“. Begleitet wird er hierbei von der Countrysängerin Amy Grant. Und hier dachte sich Yvonne, die hier das Solo sang. Mein Nachname ist zwar nicht Grant, aber ich kann das mindestens genauso gut interpretieren wie die Amy. Einen gekonnten Unterschied zum Original machten hier Backings, die in Form kurzer knackiger Dus. Bei dem Backingpart, der vorallem von den Männerstimmen mit einem simplen Aaahh gesungen wurden, hatte wohl so mancher Zuhörer den Eindruck gehabt, hier packt ihn eine Gospelwolke, wiegt ihn angenehm und lässt ihn auf dieser Wolke durch die Kirche wabern.
Hier hatte sich Karl Gehweiler wohl etwas ganz besonderes dabei gedacht, denn der Titel wurde sechstimmig gesungen. Nach meinem Gefühl ein interessantes Gesangkonstrukt, dass auch mal wieder gezeigt hatte was für Potential drinn stecken kann, wenn man es einfach mal etwas anders gestaltet und auch sogar mal Vamps mit in einem Song integriert.
Wer jetzt gedacht hatte, hier singt der Chor einfach nur die Fassung von Simon & Garfunkle nach, der hatte sich getäuscht. Mal klang es eher etwas hoch, mal gab es Teile, bei denen die Männerstimmen dominierten und dann kamen wieder Teilen, bei denen alle zusammen sangen.
„Joshua fit the battle of jericho“ ach nett wird sich jeder zuerst gedacht haben. Einen Titel, den man wohl im Schlaf mitsingen und -summen hätte können. Aber weit gefehlt. Wundert man sich doch über „down, down“. Also noch tiefer als unten.
„Das ist ja so ein richtiger Ohrwurm“ mag sich manch einer im Puplikum gedacht haben. Und manch einer hat vielleicht schon mit seinem Gewissen über gutes Benehmen gerungen und gekämpft nicht gleich in der Kirche noch mit mitsingen zu beginnen. Kann man dazu nur sagen „warum hast es nicht gemacht – das ist auch Gospel“. Manch einer war vorallem von der Dynamik fasziniert wie sich das Arrangement aufbaute. Begann es doch eigentlich ziemlich ruhig und man konnte dem irgendwie hervorragend gut folgen. Aber dann – eine Energie, eine Geschwindigkeit und man hatte das Gefühl, jetzt geht die Post ab.
Give me that old time religion
Die gesungene Version entsprach dem bekannten Ohrwurm aus der White-Gospel-Community. Hauptsächlich acapella wurde der Song vorgetragen und wirkte so, dass zumindest der ein oder andere innerlich den Song durchaus gerne mitgesungen hätte.
Ein Medley aus bekannten Ohrwürmern und das merkte man auch beim Puplikum. Wurde hier doch mitgewippt und jenachdem auch mitgeklatscht. Begonnen hatte es mit Swing low sweet chariot und ging dann „When the saints go marching in“ über. Begann es anfangs recht langsam. Neben jazzigen Eindrücken wird nach einem Break der Titel richtig flott. Teilweise könnte man sogar meinen, es steht Flat & Co da und damit man nichts davon merkt hat man sie mit dem St. Josefschor getant.
Music in my soul
Es wird von der Musik, die man aufgesogen hat und die einen jetzt nicht mehr loslässt. Und man merkte förmlich das Gefühl beim Chor, dass die voller Musik steckten, beigeistert von diesem Zustand waren und sich dieses Glücksgefühl bei dem Halleluja in einem Schwall über dem Puplikum ergoß. Das Puplikum fieberte mit und man selbst konnte ordentlich einen abwuppen. Vorallem über den choreografischen Schlussakzent hatte ich richtig gestaunt. Hände wurden sowohl in die Luft nach allen möglichen Richtungen geworden.
Irgendwie in einer Diskussion auf Facebook mit einem Farbigen erfuhr ich, dass es schlicht irgendetwas wie Segen bedeutet. Und der Song als Titel zum Ausgang konnte wahrlich als doppelter Segen empfunden werden. Zum einen natürlich in christlicher Form im Sinne „gehen nun hin in Frieden“, zum anderen allerdings nochmal als Wohltat. Durch den Rhythmus und die Melodie, die in dem Titel steckt kann man es kaum unterdrücken, dass man einfach dazu tanzen muss. Das mag ein gewisser Sambarhythmus sein oder eben der Rhythmus von farbigen Afrikanern. Sehr schön fand ich, dass sich der Chor auf der Treppe zum Haupteingang draußen aufgestellt hatte und den Titel dort noch zuende gesungen hatte.